Inhaltsverzeichnis
- Interaktive Karte
- Mitten unter uns: Stolpersteine in der Samtgemeinde Tostedt – Teil 1
- Broschüre der Samtgemeinde Tostedt
- Übersicht der verlegten Steine
- Zwangsarbeit im Nationalsozialismus in der Samtgemeinde Tostedt
- Stolpersteine reinigen / Anleitung
- Wie ist die Idee zu den Stolpersteinen entstanden und wie werden sie hergestellt.
Ein Projekt der Arbeitsgruppe „Stolpersteine in der Samtgemeinde Tostedt“.
Bestehend aus: Katrin Kludas, Christian Huland, Adolf Staack und Manfred Falke † (01.12.1951 – 20.05.2023)
Interaktive Karte von der Samtgemeinde Tostedt mit der Vorstellung der einzelnen Stolpersteine. Entweder auf einen Namen klicken oder auf eine Markierung. In beiden Fällen öffnet sich ein Fenster mit weiteren Informationen.
Interaktive Karte
Sehr geehrte Damen und Herren,
im vergangenen Jahr wurden in 21258 Heidenau und in 21255 Tostedt insgesamt sechs Stolpersteine verlegt.
Parallel und im Nachgang zu dieser großartigen Veranstaltung liefen die Vorbereitungen für die Produktion eines Dokumentarfilms, der Schulen in der Region für Unterrichtszwecke zur Verfügung gestellt werden soll. Ergänzt wird dieses Angebot durch eine Ausstellung, die sich auf den Film bezieht, aber auch allgemeine Einblicke in die Zeit des NS-Regimes gibt.
Arbeitsintensive Monate liegen hinter uns. Sie haben wesentlich zur Realisierung der beiden Projekte beigetragen, sei es durch großzügige finanzielle Förderungen oder durch Ihre Bereitschaft, für Interviews zur Verfügung zu stehen. Dafür möchte ich Ihnen im Namen unserer Arbeitsgruppe sehr herzlich danken.
Nunmehr stehen Film und Ausstellung Schulen, aber auch einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Unter dem Link https://youtu.be/pcVOABt1emU können Sie den Dokumentarfilm abrufen. Die Ausstellung mit Begleitmaterial kann im Archiv der Gemeinde Tostedt entliehen werden.
Das „Stolperstein-Projekt“ in der Samtgemeinde Tostedt ist noch nicht abgeschlossen. Im kommenden Jahr wird es weitere Verlegungen geben, die ebenfalls dokumentarisch begleitet werden sollen.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Falke
Broschüre der Samtgemeinde Tostedt
Übersicht der verlegten Steine

BOLESLAW MARZEC
STOLPERSTEIN IN DER SCHÜTZENSTRAßE 24 (RATHAUS), TOSTEDT
*24.04.1916 in Narawuanka, + 05.12.1940 in Todtglüsingen durch Erhängen
Boleslaw Marzec war als Zwangsarbeiter bei einem Landwirt in Heidenau beschäftigt.
Im Juni 1940 wurde er beobachtet, wie er sich mit der 18-jährigen deutschen Landhelferin Anna Riepshoff in einer Kammer traf. Die beiden hatten ein intimes Verhältnis. Marzec wurde verhaftet und am Mittag des 5. Dezember 1940 in der Todtglüsinger Heide unter anderem in Anwesenheit von Oberregierungsrat Dr. Hoffmann, dem Leiter der Gestapo-Dienststelle in Lüneburg, erhängt. Zur Hinrichtung mussten auch die im Marinedepot Todtglüsingen arbeitenden 75 Polen erscheinen. Die Vollstreckung des Todesurteils sollte ihnen als abschreckendes Beispiel dienen. Die Beteiligten wurden von Dr. Hoffmann zum Stillschweigen verpflichtet.
ANNA RIEPSHOFF
STOLPERSTEIN IN DER SCHÜTZENSTRAßE 24 (RATHAUS), TOSTEDT
*30.04.1922 in Burgsittensen, t 16.02.2009 in Buchholz/Nordheide
Als Landarbeiterin in Heidenau lernte sie den polnischen Zwangsarbeiter Boleslaw Marzec kennen. Das Paar wurde im Juni 1940 bei einem Treffen beobachtet und denunziert. Beide kamen zunächst in das Gestapo-Gefängnis nach Lüneburg. Boleslaw Marzec wurde am 5. Dezember 1940 öffentlich erhängt. Anna Riepshoff wurde nach Gefängnisaufenthalten in Lüneburg und Hamburg in das KZ Ravensbrück eingeliefert und von dort im April 1943 entlassen. Ein von ihr gestelter Wiedergutmachungsantrag wurde 1956 abgelehnt. Sie starb 2009.


ROSETTE DÖRNBRACK
STOLPERSTEIN IN DER BAHNHOFSTRAßE 35, TOSTEDT
*01.06.1883 in Tostedt, t 07.05.1966 in Rotenburg/Wümme
Rosette Dörnbrack, geb. Blumann musste nie ebenso wie ihre Söhne einen Judenstern tragen. Dennoch sollte sie am 23. Februar 1945 deportiert werden. Der Tostedter Arzt Dr. Pieper schrieb sie transportunfähig und rettete ihr so vermutlich das Leben.
SELMA BLUMANN
STOLPERSTEIN UNTER DEN LINDEN 39, TOSTEDT
*16.07.1882 in Tostedt, t 15.11.1942 in Theresienstadt
Nach den bekannten Unterlagen war Selma Blumann ledig. Mit einem „Alterstransport“ wurde sie am 6. August 1942 nach Theresienstadt gebracht.


FAMILIE ROSEN
In der jetzigen Poststraße wohnte über längere Zeit die Familie Rosen, die fast vollständig im Holocaust ermordet wurde. Rudolf Rosen gelang 1936 die Flucht nach Neuseeland, seine Schwester Adele überlebte ebenfalls.
Die Familie emigrierte in die Niederlande und wurde von dort deportiert. Der Familienvater Lazarus Rosen starb 1943 in Auschwitz. Ein Stolperstein in Amersfoort in den Niederlanden erinnert an ihn. An vier seiner Töchter, die in Tostedt aufgewachsen sind, erinnern nun Stolpersteine.
MARTHA ROSEN
STOLPERSTEIN IN DER POSTSTRASE 62/64, TOSTEDT
*05.05.1891 in Mönchengladbach, t 09.07.1943 in Sobibor
Ihr Ehemann Walter Hecht starb ebenfalls im Juli 1943 in Sobibor. Die Tochter Ursula wurde im Januar 1944 mit 22 Jahren im KZ Auschwitz umgebracht.
ERNA ROSEN
STOLPERSTEIN IN DER POSTSTRAßE 62/64, TOSTEDT
*08.09.1893 in Tostedt, t 31.01.1944 in Auschwitz
Auch ihr Ehemann Erich Julius Hecht kam im Januar 1944 in Auschwitz um.
OLGA ROSEN
STOLPERSTEIN IN DER POSTSTRASE 62/64, TOSTEDT
*01.01.1895 in Tostedt, t 21.10.1944 in Auschwitz
Ihr Ehemann James Hecht starb Ende 1944 in Auschwitz. Der Sohn Erich Werner wurde hier ebenfalls Ende 1944 im Alter von 20 Jahren umgebracht.
KÄTHE ROSEN
STOLPERSTEIN IN DER POSTSTRABE 62/64, TOSTEDT
*25.05.1904 in Tostedt, t 17.09.1943 in Auschwitz
Ihr Ehemann Max Frankenstein starb im Januar 1944 im KZ Auschwitz. Die Tochter Ingrid wurde im Alter von 11 Jahren im September 1943 in Auschwitz umgebracht.
FRIEDRICH MEYER
STOLPERSTEIN IN DER POSTSTRABE 1, TOSTEDT
*03.06.1892 in Tostedt, t 11.08.1941 im KZ Sachsenhausen
Der Kaufmann Friedrich Meyer wurde wegen seiner Homosexualität am 3. April 1937 in das KZ/Polizeigefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel eingeliefert und am 15. Juli 1937 wieder entlassen. Für das Jahr 1938 sind weitere Inhaftierungen im KZ Fuhlsbüttel belegt.
Eine erneute Einlieferung zur U-Haft im KZ Fuhlsbüttel erfolgte am 16. März 1939. Am 26. April 1939 wurde er zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen „widernatürlicher Unzucht“ verurteilt.
Von Fuhlsbüttel aus wurde er am 3. Juni 1939 zur weiteren Strafverfolgung in das Strafgefangenenlager Rodgau, Lager Il, in Oberroden bei Darmstadt überführt, wo er Schwerstarbeit leisten musste. Vorübergehend befand er sich 1940 im Außenlager Schlitz in Hessen.
Am 28. September 1940 wurde er aus der Haft entlassen und wahrscheinlich im November 1940 in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Hier erhielt er die Häftlingsnummer 34552. Wegen einer Erkrankung kam er am 3. Juli 1941 in das Häftlingskrankenrevier, in das er erneut am 10. August 1941 verlegt wurde. Hier starb er am 11. August 1941. Als Todesursache wurde Herz- und Kreislaufinsuffizienz wegen einer doppelseitigen Lungentuberkulose festgestellt.

WILHELM BELLMANN
STOLPERSTEIN IN DER HOLLENSTEDTER STRAßE 6, HEIDENAU
*25.12.1888 in Avensen (jetzt Heidenau), t 10.02.1940 im KZ Sachsenhausen
Wilhelm, genannt Willi, Bellmann muss eine besondere Rolle in Heidenau gespielt haben: So hat er mehrere landwirtschaftliche Fachschulen besucht und war mehrfach im Ausland unterwegs. Zu einer Kur soll er sich in Italien aufgehalten haben. Zudem hatte er den ersten Traktor im Dorf, ein Auto, eine Schrotmühle, Telefon und ein Grammofon. Er legte Versuchsfelder und einen Landschaftspark (Luna-Park“) an. Wegen seines Auftretens und seiner oft noblen Kleidung wurde er „Prinz Bellmann“ genannt.
Sein Hof wurde unter Zwangsverwaltung gestellt. Jahrelang lieferte er sich erbitterte Auseinandersetzungen mit der Justiz. Eine etwa 400 Seiten umfassende Akte zeugt von diesen Vorgängen. Ihm wurde die Außerung gegenüber einem Nachbarn, dass der Krieg nicht zu gewinnen sei, zum Verhängnis. Der Nachbar meldete dies dem Dorfpolizisten, der wiederum die Gestapo in Lüneburg informierte. Wili Bellmann wurde von SS-Angehörigen abgeholt und am 11. September 1939 in das KZ Sachsenhausen als Schutzhäftling eingeliefert. Hier verstarb er am 10. Februar 1940 an Lungentuberkulose.
Per Post erhielt seine Familie seine Urne. Die Beisetzung erfolgte auf dem Heidenauer Friedhof.
BOLESLAW ZIMAKOWSKI
STOLPERSTEIN AN DER ECKE HAUPTSTRAßE/ POSTSTRAßE (HINTER DEM FINDLING), HEIDENAU
*18.05.1909, † 27.10.1942 in Heidenau
Als Zwangsarbeiter war er bei einem Heidenauer Landwirt beschäftigt.
Wegen eines Konfliktes mit dem Hofinhaber wurde er zum Tode verurteilt und am 27.10.1942 links am Weg nach Hollinde gehängt. Weitere polnische Zwangsarbeiter mussten bei der Hinrichtung anwesend sein, um ein Exempel zu statuieren.

TADEUSZ FORYS
STOLPERSTEIN AM PLATZ ECKE HAUPTSTRAßE/POSTSTRAßE, OTTER
*13.07.1922 in Tschenstochau (Czestochowa), t 06.05.1945 in Otter
Am Nachmittag des 6. Mai 1945 geriet Tadeusz Forys am Ortsausgang von Otter in eine Auseinandersetzung mit drei durchziehenden Wehrmachtssoldaten in Zivil. Zum Hergang geben unterschiedliche Quellen widersprüchliche Auskünfte. Unbestritten ist aber, dass es zu einem Handgemenge kam, in dessen Verlauf er tödlich mit einem Messer verletzt wurde. Seine Sterbeurkunde benennt als Todesursache „Ermordung“. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Tostedter Friedhof.
Zwangsarbeit im Nationalsozialismus in der Samtgemeinde Tostedt
Diese Broschüre wurde von Renate Dörsam verfasst und wurde von Herrn Dr. Peter Dörsam neu aufgelegt. Einzelne Exemplare liegen in der Bücherei in Tostedt aus. (Stand 2022)

Stolpersteine reinigen / Anleitung
An dieser Stelle möchte ich auf dieses Video hinweisen. Jeder von uns kann diesen Stolpersteinen die entsprechende Wertschätzung entgegenbringen und mit einer Paste und einem kratzfreien Schwamm die Stolpersteine zum Erstrahlen bringen. (Link zu Amazon)